Was ist Gebärdensprache?

Gebärdensprache ist eine visuell-manuelle Sprache, die hauptsächlich von tauben, taubblinden und schwerhörigen Menschen zur Kommunikation genutzt wird. Im Gegensatz zu weit verbreiteten Annahmen ist Gebärdensprache keine universelle Sprache, sondern es gibt weltweit viele verschiedene Gebärdensprachen mit eigenen Grammatiken und Vokabeln.

Die Entwicklung der Gebärdensprache im historischen Kontext

Die Geschichte der Gebärdensprachen reicht weit zurück. Bereits in der Antike gab es Berichte über gebärdende taube Personen. Die moderne Entwicklung der Sprachen tauber Menschen begann jedoch erst im 18. Jahrhundert mit der Gründung der ersten Schulen für gehörlose Kinder. Ein wichtiger Meilenstein war die Gründung der ersten öffentlichen Schule für taube Kinder 1755 in Paris durch Abbé de l’Epée. In Deutschland wurde 1778 von Samuel Heinicke die erste staatliche Gehörlosenschule in Leipzig gegründet. Trotz dieser Fortschritte erlebten die Sprachen hörbehinderter Menschen auch Rückschläge. Der Mailänder Kongress von 1880 führte zu einem weitgehenden Verbot der Sprachen tauber Menschen im Unterricht, was die Entwicklung der Sprache und die Bildung tauber, schwerhöriger und taubblinder Menschen für fast ein Jahrhundert stark beeinträchtigte.

Das Bild thematisiert Gebärdensprache und zeigt mehrere bunte Hände, die sich in der Mitte treffen und überlappen.

Linguistische Aspekte der Gebärdensprachen

Gebärdensprachen sind vollwertige Sprachen mit eigener Grammatik und Struktur. Sie nutzen nicht nur Handzeichen, sondern auch Gesichtsausdrücke, Körperhaltung und Bewegungen im Raum, um Bedeutung zu vermitteln. Laut Forschungen werden Gebärdensprachen in den gleichen Gehirnregionen verarbeitet wie Lautsprachen, was ihre Anerkennung als vollwertige Sprachen unterstützt. Die Grammatik der Sprachen tauber Menschen ist komplex und ausdrucksstark. Mit ihr können alltägliche, aber auch abstrakte Situationen besprochen, Witze erzählt und selbst Poesie vorgetragen werden. Ein besonderes Merkmal der Gebärdensprachen ist ihre Räumlichkeit: Personen und Orte können im Gespräch in der Luft platziert werden, und die Bewegungsrichtung von Gebärden zwischen diesen „Raumpunkten“ beeinflusst die Bedeutung.

Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) und ihre Besonderheiten

Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist die in Deutschland verwendete Gebärdensprache. Sie wird von etwa 200.000 Menschen dauerhaft oder gelegentlich verwendet. DGS ist nicht mit den Gebärdensprachen in Österreich (ÖGS) und in der Deutschschweiz (DSGS) verwandt, die zur Familie der französischen Gebärdensprachen gehören.DGS hat, wie andere Gebärdensprachen, regionale Dialekte und eine eigene Jugendsprache. Die Gebärden unterscheiden sich durch Handform, Handstellung, Ausführungsstelle und Bewegungsrichtung. Als Hilfsmittel zum Buchstabieren von Eigennamen oder unbekannten Vokabeln dient das Fingeralphabet.

Sprachen und Kulturen tauber Menschen

Gebärdensprache ist mehr als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Gehörlosenkultur. Die Gehörlosengemeinschaft definiert sich nicht primär über den Hörstatus, sondern über die gemeinsame Sprache und Kultur. Diese Gemeinschaft umfasst nicht nur gehörlose, sondern auch schwerhörige und hörende Menschen, die sich mit der Sprache und Kultur identifizieren. Die Gebärdensprachen spiegeln die Kultur und Traditionen der Gehörlosengemeinschaft wider. Sie sind lebendige Sprachen, die sich durchgehend weiterentwickeln, um auf kulturelle und technische Entwicklungen zu reagieren.

Herausforderungen und Fortschritte in der Anerkennung der DGS

Die Anerkennung der DGS als vollwertige Sprache war ein langer Prozess. In Deutschland wurde die DGS erst im Jahr 2002 durch das Behindertengleichstellungsgesetz offiziell anerkannt. Dies war ein wichtiger Schritt zur Gleichberechtigung und Inklusion tauber Menschen. Trotz dieser Fortschritte gibt es immer noch Herausforderungen. Der Zugang zu Bildung und Information in Gebärdensprachen ist nicht überall gewährleistet. Auch in der Arbeitswelt und im öffentlichen Leben stoßen hörbehinderte Menschen oft auf Barrieren.

Die Zukunft der Gebärdensprachen

Die Zukunft der Gebärdensprachen sieht vielversprechend aus. Technologische Fortschritte, wie automatische Übersetzungssysteme für Gebärdensprachen, könnten in Zukunft die Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg vereinfachen. Gleichzeitig wächst das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Sprachen tauber Menschen. Die Förderung der Sprachen in Bildung, Medien und öffentlichem Leben bleibt ein wichtiges Ziel, um die Rechte und die kulturelle Identität tauber und taubblinder Menschen zu stärken. Mit zunehmender Anerkennung und Verbreitung der visuellen Sprachen kann eine inklusivere Gesellschaft geschaffen werden, in der Gehörlose und Hörende gleichberechtigt kommunizieren und teilhaben können.

Weitere Fragen und Antworten

Ist Gebärdensprache international? Das Bild zeigt mehrere grüne Hände, die einen Globus halten.

Ist Gebärdensprache international?

Entgegen einer weit verbreiteten Annahme ist Gebärdensprache nicht international. Wie bei Laut- und Schriftsprachen gibt es weltweit eine Vielzahl verschiedener…
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