Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Alles, was du wissen musst

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft. Ab dem 28. Juni 2025 müssen viele Produkte und Dienstleistungen in Deutschland barrierefrei gestaltet sein. Dieses Gesetz betrifft nicht nur öffentliche Einrichtungen, sondern auch private Unternehmen. Es setzt die europäische Barrierefreiheitsrichtlinie (European Accessibility Act, EAA) in deutsches Recht um und zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen und älteren Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben zu ermöglichen.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Die Person in einem Rollstuhl trägt bunte, gemusterte Kleidung und Sonnenbrillen und arbeitet an einem Laptop.

Hintergründe und Ziele des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes

Das BFSG wurde am 22. Juli 2021 verkündet und tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Es ist die logische Weiterentwicklung bisheriger Gesetzgebungen, die sich hauptsächlich auf öffentliche Träger bezogen. Mit dem BFSG werden nun auch private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen in die Pflicht genommen, ihre Angebote barrierefrei zu gestalten.Das Hauptziel des Gesetzes ist es, allen Menschen, unabhängig von ihren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, den Zugang zu weit verbreiteten Produkten und Dienstleistungen zu ermöglichen. Dies soll nicht nur die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen verbessern, sondern auch ökonomische Vorteile für Unternehmen bringen, da sie eine breitere Kundenbasis ansprechen können.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025: Was ändert sich?

Ab dem 28. Juni 2025 müssen alle Websites, Apps, Produkte und Dienstleistungen, die unter das BFSG fallen, die Standards zur Barrierefreiheit erfüllen. Das bedeutet, dass diese Angebote für Menschen mit Behinderungen „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar“ sein müssen.Eine wichtige Neuerung ist die Verpflichtung, eine Erklärung zur Barrierefreiheit bereitzustellen. Diese kann ähnlich wie ein Impressum oder eine Datenschutzerklärung im Footer der Website platziert werden.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Websites ab 2025

Für Websitebetreiber bedeutet das BFSG einen erheblichen Umbruch. Viele Websites, die bisher nicht behindertengerecht gestaltet waren, müssen bis 2025 überarbeitet werden. Dies kann in vielen Fällen zu einem kompletten Relaunch und einer Überarbeitung der Inhalte führen.Um deine Website barrierefrei zu gestalten, solltest du folgende Aspekte berücksichtigen:

  1. Klare Struktur und Navigation
  2. Ausreichende Kontraste und Schriftgrößen
  3. Alternative Texte für Bilder und Grafiken
  4. Untertitel für Videos
  5. Tastatursteuerbarkeit aller Funktionen
  6. Vermeidung von Blinkeffekten und automatischen Abspielungen

Weitere Informationen zur barrierefreien Gestaltung von Websites findest du in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG).

Auswirkungen auf Unternehmen

Obwohl das BFSG hauptsächlich auf B2C-Angebote abzielt, hat es auch Auswirkungen auf den B2B-Bereich. Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen für andere Unternehmen anbieten, sollten ebenfalls die Barrierefreiheitsanforderungen berücksichtigen. Dies kann die Wettbewerbsfähigkeit steigern und neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen.Es ist wichtig zu beachten, dass Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro von den Regelungen des BFSG ausgenommen sind. Dennoch kann es für diese Unternehmen vorteilhaft sein, Barrierefreiheit freiwillig umzusetzen, um ihre Reichweite zu vergrößern und ihr Image zu verbessern.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Eine farbenfrohe Illustration von drei verschiedenen Personen, die eng beieinander stehen und gemeinsam auf einen Laptop blicken.

Umsetzung und Praxisbeispiele des Gesetzes

Die konkrete Umsetzung des BFSG erfordert oft technische und gestalterische Anpassungen. Hier einige praktische Beispiele:

  1. E-Commerce: Online-Shops müssen ihre Benutzeroberflächen so gestalten, dass sie mit Screenreadern bedienbar sind und alternative Texte für Produktbilder bereitstellen.
  2. Bankdienstleistungen: Online-Banking-Plattformen müssen barrierefrei gestalten sein, einschließlich der Möglichkeit, Transaktionen ohne Maus durchzuführen.
  3. Telekommunikation: Messenger-Dienste und Telefon-Apps müssen mit Sprachausgabe funktionieren und eine einfache, intuitive Bedienung ermöglichen.
  4. Personenbeförderung: Fahrplan-Apps und Ticketautomaten müssen für Menschen mit verschiedenen Behinderungen nutzbar sein.

Um die Umsetzung zu erleichtern, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Leitlinien zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erstellt. Diese bieten Unternehmen praktische Hilfestellung bei der Implementierung der Barrierefreiheitsanforderungen.

Gebärdensprache im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) enthält nur sehr begrenzte Regelungen zur Deutschen Gebärdensprache (DGS). Laut einem Experten-Interview ist der Bereich DGS im BFSG nur für einen sehr kleinen Teilbereich geregelt. Konkret muss in der Kommunikation mit den Marktüberwachungsbehörden, die für die Überprüfung der Einhaltung des BFSG verantwortlich sind, die Behörde mit den Bürgerinnen und Bürgern auch in DGS kommunizieren. Darüber hinaus enthält das BFSG keine weiteren spezifischen Regelungen zur Gebärdensprache. Es gibt beispielsweise keine Verpflichtung, dass Produktanleitungen oder Verpackungen zukünftig Informationen in Gebärdensprache bereitstellen müssen.

Um Inklusion dennoch weiter voranzutreiben, empfiehlt es sich, ein Gebärdensprachvideo für Ihre Website zu erstellen. Dieses Video könnte kurze, wichtige Informationen über Ihre Website, Angebote und Institution in DGS vermitteln. Die Produktion eines solchen Videos ist bereits ab ca. 250 Euro möglich und stellt eine kostengünstige Möglichkeit dar, die Zugänglichkeit Ihrer Inhalte für taube, schwerhörige und taubblinde Menschen zu verbessern. Ein solches Angebot geht über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus und setzt ein positives Zeichen für umfassende digitale Barrierefreiheit.

Leichte Sprache im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Die Leichte Sprache spielt eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Ab dem 28. Juni 2025 müssen viele Produkte und Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der digitalen Kommunikation, barrierefrei gestaltet sein. Dies schließt auch die Verwendung von Leichter Sprache ein, um Informationen für alle Menschen verständlich zu machen. Leichte Sprache ist ein wichtiges Werkzeug, um die im BFSG geforderte Barrierefreiheit umzusetzen und soll es beispielsweise Personen mit einer geistigen oder Lernbehinderung ermöglichen, an Gesellschaft, Wirtschaft und Politik teilzuhaben. Unternehmen und Dienstleister müssen daher ihre Informationen in Leichter Sprache bereitstellen, um den Anforderungen des BFSG gerecht zu werden und eine inklusive Kommunikation zu gewährleisten.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiveren digitalen Welt. Es bietet Chancen für Unternehmen, ihre Reichweite zu vergrößern und gleichzeitig gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Obwohl die Umsetzung Herausforderungen mit sich bringt, überwiegen langfristig die Vorteile. Es ist ratsam, sich frühzeitig mit den Anforderungen des BFSG auseinanderzusetzen und schrittweise an der Umsetzung zu arbeiten. Nutze die Zeit bis 2025, um deine digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten und so für die Zukunft gerüstet zu sein.Denk daran: Barrierefreiheit kommt nicht nur Menschen mit Behinderungen zugute, sondern verbessert die Nutzererfahrung für alle. Sie ist ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiven digitalen Gesellschaft, in der jeder gleichberechtigt teilhaben kann.Weitere Informationen zum Thema Barrierefreiheit findest du auch auf der Website der Aktion Mensch.

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