Gebärdendolmetscher

Gebärdendolmetscher – warum es wichtig ist, den richtigen Begriff zu nutzen

Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist eine faszinierende und komplexe Kommunikationsform, die von vielen Menschen in Deutschland genutzt wird. Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich hierbei nicht um eine einfache Übersetzung der deutschen Lautsprache in Gesten und Gebärden handelt, sondern um eine vollwertige, eigenständige Sprache mit eigener Grammatik und Struktur. Seit dem 27. April 2002 ist die Deutsche Gebärdensprache in Deutschland offiziell als eigenständige Sprache anerkannt. Diese Anerkennung war ein bedeutender Meilenstein für die Gehörlosengemeinschaft und hat weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des täglichen Lebens.

Gebärdendolmetscher: Was ist die korrekte Bezeichnung?

Ein häufig verwendeter, aber inkorrekter Begriff ist „Gebärdendolmetscher“. Diese Bezeichnung ist irreführend, da sie suggeriert, dass es sich bei der Gebärdensprache lediglich um eine Ansammlung von Gesten handelt und nicht um eine vollwertige Sprache. Es gibt eine Reihe von Bezeichnungen, die korrekt sind: „Gebärdensprachdolmetscher“, “Gebärdensprachdolmetscherin”, oder neutral gegendert “Gebärdensprachdolmetschende” und “Dolmetschende für Deutsche Gebärdensprache und Deutsch”. Die Unterscheidung zu “Gebärdendolmetscher” mag auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, ist aber von großer Wichtigkeit für die Anerkennung und den Respekt gegenüber der Gebärdensprache und ihren Nutzenden. Denn Gebärden sind mehr als nur Gestik, es handelt sich um eine Sprache. Deswegen ist es wichtig, von Gebärdensprache zu sprechen, und nicht nur von “Gebärden”, wie es bei “Gebärdendolmetscher” der Fall ist.

Eben doch eine Sprache: Was bei “Gebärdendolmetscher” weggelassen wird

Die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache geht über die offiziell gesetzliche Verankerung als eigenständige Sprache hinaus. Es gibt Bestrebungen, die DGS im Rahmen der Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen (ECRML) als nicht-territoriale Minderheitensprache anzuerkennen. Dies würde die sprachlichen und kulturellen Rechte der Gemeinschaft tauber Menschen weiter stärken und ihre gesellschaftliche Teilhabe fördern. Eine solche Anerkennung hätte weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Bereiche wie Bildung, öffentliche und kulturelle Förderung, sowie die Sensibilisierung der Mehrheitsgesellschaft.

Die Einzigartigkeit der Gebärdensprache

Die Deutsche Gebärdensprache unterscheidet sich grundlegend von der deutschen Lautsprache. Sie nutzt den dreidimensionalen Raum und ermöglicht es, Informationen parallel zu vermitteln, was sie in vielen Situationen effizienter macht als die lineare Lautsprache. Die DGS verwendet nicht nur Handzeichen, sondern auch Mimik, Körperhaltung und den Raum vor dem Körper, um Bedeutungen zu vermitteln. Diese Komplexität und Eigenständigkeit machen Gebärdensprachen zu einem faszinierenden Forschungsgebiet für Sprachforschende  und unterstreichen die Notwendigkeit, sie als vollwertige Sprachen anzuerkennen und zu respektieren.

Die Entwicklung der Gebärdensprache in Deutschland

Die Geschichte der Gebärdensprache in Deutschland ist von Höhen und Tiefen geprägt. Lange Zeit wurde die DGS nicht als autonome  Sprache anerkannt, und gehörlosen Kindern wurde in Schulen sogar untersagt, Gebärden zu nutzen. Erst in den 1980er Jahren begann sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass die Gebärdensprache ein eigenständiges und gleichwertiges  Sprachsystem ist. Die offizielle Anerkennung im Jahr 2002 war ein entscheidender Wendepunkt, der den Weg für mehr Inklusion und Barrierefreiheit ebnete.

Die Bedeutung der korrekten Terminologie von “Gebärdendolmetscher” für die Gehörlosengemeinschaft

Für die Taube Community  ist die korrekte Verwendung von Begriffen wie „Gebärdensprachdolmetscher“ statt „Gebärdendolmetscher“ von großer Bedeutung. Es geht dabei um mehr als nur Worte – es geht um Respekt, Anerkennung und die Würdigung ihrer Sprache und Kultur. Die Verwendung der richtigen Terminologie trägt dazu bei, das Bewusstsein für die Eigenständigkeit und den Wert der Gebärdensprache zu schärfen und Vorurteile abzubauen.

Gebärdensprache im Alltag und in der Gesellschaft

Die Anerkennung der Gebärdensprache hat praktische Auswirkungen auf den Alltag gehörloser und schwerhöriger Menschen. Sie erleichtert den Zugang zu Dolmetschleistungen und fördert die Barrierefreiheit in verschiedenen Lebensbereichen. Viele Internetseiten, insbesondere von Bundesministerien, bieten inzwischen Gebärdensprachvideos mit Übersetzungen des geschriebenen Textes an. Dennoch gibt es noch viele Herausforderungen und Barrieren zu überwinden. Eine Möglichkeit, diese abzubauen, besteht darin, dass auch hörende Menschen die Deutsche Gebärdensprache lernen und so zur Inklusion beitragen.

Die Vielfalt der Gebärdensprache

Wie jede natürliche Sprache ist auch die Deutsche Gebärdensprache vielfältig und lebendig. Es gibt regionale Dialekte und Soziolekte, und die Sprache entwickelt sich ständig weiter. Neue Gebärden entstehen, um aktuelle Begriffe und Konzepte auszudrücken. Ein Beispiel dafür ist die Schaffung neuer Gebärden für Personen des öffentlichen Lebens oder für Begriffe aus dem Bereich des Internets. Diese Dynamik zeigt, dass die Gebärdensprache eine lebendige und sich entwickelnde Sprache ist, die sich den Bedürfnissen ihrer Nutzenden anpasst.

Die Rolle der Gebärdensprache in Bildung und Kultur

Die Anerkennung der Gebärdensprache hat auch Auswirkungen auf den Bildungsbereich. Es gibt Forderungen, die DGS als Bildungssprache in Förderzentren zu etablieren und als Wahlpflichtfach in Regelschulen einzuführen. Zudem ist die Ausbildung von pädagogischen Fach- und Lehrkräften  und mit DGS-Kompetenz von großer Bedeutung. Im kulturellen Bereich gibt es eine lebendige Gehörlosenkultur mit eigener Poesie, Witzen und Theater. Die Integration der DGS in Medien und kulturellen Einrichtungen ist ein wichtiger Schritt zur Förderung dieser Kultur und zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe tauber Menschen.

Die Zukunft der Gebärdensprache in Deutschland

Die Zukunft der Deutschen Gebärdensprache in Deutschland sieht vielversprechend aus. Mit der wachsenden Anerkennung und dem zunehmenden Bewusstsein für die Bedeutung der DGS werden hoffentlich weitere Fortschritte in Bezug auf Inklusion und Barrierefreiheit erzielt. Die Forderung nach Anerkennung als Minderheitensprache könnte weitere positive Entwicklungen anstoßen. Es liegt an uns allen, die Deutsche Gebärdensprache zu respektieren, zu fördern und zu ihrer Verbreitung beizutragen. Indem du die korrekte Terminologie verwendest und dich für die Rechte und die Kultur der Gehörlosengemeinschaft einsetzt, kannst du einen wichtigen Beitrag zu einer inklusiveren Gesellschaft leisten – und das fängt dabei an, Begriffe wie “Gebärdendolmetscher” zu vermeiden.

Abschließend sei erwähnt, dass der Beruf des Dolmetschens  für Deutsche Gebärdensprache und Deutsch eine wichtige Brückenfunktion zwischen der hörenden und der tauben Welt erfüllt. Für detailliertere Informationen zu diesem faszinierenden und anspruchsvollen Beruf verweisen wir auf den separaten Glossareintrag zu „Gebärdensprachdolmetschern„.

Von A bis Z: Begriffe rund um Hörbehinderung und Gebärdensprachen

Hier findest du Erklärungen zu wichtigen Begriffen aus den Bereichen Hörbehinderung und Gebärdensprachen. Unser Ziel ist es, dir einen einfachen Zugang zu diesem Themenfeld zu ermöglichen und Fachbegriffe verständlich zu erläutern.

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